Der Monitoring-‘Battle’ bildete den Abschluss des zwei tägigen Monitoringcamps, auf dem sich rund 150 Menschen rund um das Thema Social Media Monitoring in Hamburg austauschten. Vertreten waren alle Bereiche, in denen Social Media Monitoring eingesetzt wird: Community Manager, MarktforscherInnen, Onlinemarketing-ExpertInnen, Public Relations Macher sowie Vertriebszuständige. Zudem waren viele Anbieter von Monitoringtools anwesend.
Acht Unternehmen, die kommerzielle Online-Tools für das Social Media Monitoring anbieten, stellten im Battle ihre Recherche-Ergebnisse in je 10 Minuten vor. Vorgegeben war eine kurze exemplarische Research zum Keywort „Movember“. Der Battle sollte weniger einen Schlagabtausch zwischen den Firmen darstellen, als den ZuschauerInnen zu ermöglichen, die Monitoring-Tools besser / direkt vergleichen zu können. Der Battle wurde wie die anderen Sessions auch, aktiv bei Twitter unter dem Hashtag #moca12 begleitet.
Die Monitoring-Anwendungen lassen sich grob in zwei Typen aufteilen. Manche bieten eine intuitive Nutzerführung mit übersichtlicher Bedien-Oberfläche, erscheinen somit für die Verwendung direkt durch den Firmen-Kunden selbst geeignet. Andere Dienste ermöglichen komplexere Recherchen und ein Setup ausgefeilter Szenarios auf Kosten der schnellen Bedienbarkeit. Diese Monitoringtools sollten eher bereits aufgearbeitete und in ‚schicke‘ Reportings verarbeitete Datenmengen an den Kunden fertig ausliefern.
Acht kommerzielle Social Media Monitoring-Tools im Vergleich
Die folgende Skizze der Monitoringtools stellt ein subjektives Schlaglicht dar, bietet eher Eindrücke als tiefergehende Analyse. Es geht hier um Tendenzen und Atmosphärisches, auch um visuellen Geschmack, denn das Auge isst ja bekanntlich mit. Es mag auch sein, dass wesentliche Monitoring-Features nicht genannt sind. Unternehmen, die sich entschließen, die Wirkung ihrer Aktivitäten in sozialen Netzwerken zu evaluieren, bleibt bezüglich des Social Media Monitoring die Qual der Wahl. Viele fühlen sich durch die Menge an Angeboten an Social Media Monitoringtools überfordert.
Vielleicht kann diese Skizze ein Wegweiser für die Beantwortung der Frage sein: Welches Social Media Monitoring Tool soll unser Unternehmen einsetzen? Wer es genauer wissen will, muss die Monitoringfeatures der Tools ohnehin selbst testen, um die Geeignetheit für die Firma oder die eigenen Kunden zu beurteilen. Die Dienste bieten meist einen kostenfreien Testzugang für eine Probezeit an.
1. Brandwatch – Keep it simple:
Susanne Ullrich stellte das sehr übersichtlich wirkende Dashboard vor, das intuitiv bedienbar wirkt. Man kann typischerweise Suchen nach spezifischen Queries oder Stichworten anlegen. Hier im Beispiel wurde – gemäß der Vorgabe durch die Organisatoren – nach Movember am 9.11.12 gesucht. Das Brandwatch-Dashbord zeigte 124 Mentions oder Treffer im Ergebnis an. Man hat ein breites Spektrum an Quellen aus unterschiedlichen Sparten wie Blogs, Soziale Netzwerke, nach denen unterteilt wird. Die Sentiments (Stimmungsbilder) der Posts werden wie üblich nach positiv oder negativ angezeigt. In einer Wortwolke (die im Übrigen fast alle Unternehmen anbieten) werden Kontextbegriffe zum evaluierten Thema gelistet.
Forum-Autoren bzw. Verfasser von Posts zum Thema werden nach Rangfolge angezeigt. Besonders hervorgehoben wurde, dass die Chartkomponenten (also welche Werte letztlich als grafische Tabelle ausgegeben werden), variabel anzupassen sind, und dass man über einen Select-Button einen Suchanfragenvergleich vornehmen kann. Die Chartingkomponenten sind nach Bedarf flexibel erweiterbar, was neben der (behaupteten) Schnelligkeit des Tools ein weiterer Pluspunkt sein dürfte.
Aufmerken ließ die Information, dass Brandwatch über einen eigenen Crawler (Suchroboter) verfügt, mittels dessen die im Internet frei verfügbaren Daten aus dem Social Web gesammelt und aggregiert werden. Das Angebot umfasst (laut Flyer) Abfragemöglichkeiten in 20 verschiedenen Sprachen.
2. Radian6 – amerikanischer Profi auf dem Vormarsch
Die Benutzeroberfläche des Monitoringtools von Radian6 wirkte weniger intuitiv als das Dashboard von Brandwatch. Da das Tool komplett in englischer Sprache ist, erscheint es eher für den internationalen Kontext geeignet, oder für Agenturen, die fertiges Datenmaterial an Kunden ausliefern. Auch hier gibt es eine anklickbare Wortwolke mit den nach Häufigkeit gewichteten Worten. Negativ fand ich einige optische Gimmicks wie das nervige Umgeklappe von Dashbordkästen beim Aufruf und zuviel Gezapple von bewegten Grafiken, was im Übrigen auch nicht gerade ressourcenschonend wirkte.
Als zusätzlich zum üblichen Spektrum von Anwendungen genannte Insights wurden genannt: Das Abrufen weiterer Hashtags / Keywords zu einem ausgewerteten Thema, und die weitere Filterung z.B. nach Gender oder Hauptinfluencer (Autoren mit größter Reichweite zu einem gesetzten Thema). Während sich bei Brandwatch die Quellen, also die Links der Postings oder Beiträge innerhalb des Systems öffneten, werden bei Radian6 die Posts in der Originalanwendung, im eigenen Fenster, geöffnet.
Positiv anzumerken ist, dass Workflowelemente bearbeitet werden können. So können etwa Posts mit negativem Sentiment („so ein Sch.. Service hier…“) per Klick an Mitarbeiter oder ein Supportteam weitergeben werden, das dann umgehend reagieren kann.
3. uberMetrics – Monitoring mit Wasserball und Törtchengrafik
Bei uberMetrics erwartet einen als Projektstrukur ein blauer runder Wasserball. Kleinere Einheiten daraus stellen dann etwa ein Sentiment-Törtchen dar. Falls man bei der Keywortabfrage vergaß, die Sprachauswahl der 48 verfügbaren Sprachen einzustellen, kann man das auch nachträglich noch tun. Die Farben der statistischen Bergwelt einiger Charts in abgetönten Matschfarben (beige, ocker, komischblau) gefielen mir persönlich nicht besonders gut.
Erwähnenswert ist, dass Verlinkungen zwischen Posts – als Virals Posts – ebenfalls ausgewertet werden, so dass eine beitragsbasierte Messung möglich ist. Retweets werden in der Taxonomie von uberMetrics als Verlinkung aufgefasst. Das Tool ist in englischer Sprache.
Das Dashboard bietet folgende Menüpunkte:
- Media Segments
- Viral Posts
- Sources
- Sentiments
- Topics
- Pathfinder
- Mentions
Ruft man die Grafik unter Pathfinder auf, ist plötzlich Sylvester: Wie eine sprühende Rakete knallt uns die Grafik mit den Bezugnahmen in die Augen – peng! Abgesehen von den visuellen Geschmacksfragen wirkte das System relativ übersichtlich und bedienbar.
@punktefrau: Berater und Dienstleister sollten niemals den Begriff selbsterklärend verwenden (Twitterkommentar zum Monitoring-Battle)
4. VICO – lernfähige Mashingelemente
Vico hat die Besonderheit, dass sich die Elemente kundenspezifisch trainieren lassen. Es werden Kategorien als positiv oder negativ vergeben, und das System merkt sich das. Das bedeutet viel Vorarbeit: 1000 initiale Beiträge werden nach positivem und negativem Sentiment bewertet und dann ein spezifisches und individuelles Modell für den Kunden erstellt. Oder man zieht sich zuerst ein kleineres Sample von etwa 50 Postings heraus, analysiert dieses und wendet dann das Ergebnis der Filterung explorativ an. Texte können dadurch vorstrukturiert erfasst werden.
Hier gab es statt grafischen Feuerwerkes ein mäanderndes Geflecht, das Bezugnahmen einzelner Werte untereinander darstellte. Und ausnahmsweise keine einzige Wortwolke. Man kann neben dem Hauptkeywort weitere Kontext-Tags für einzelne Tage nachhalten. Hervorzuheben ist, dass auch Adjektive als Kontextbegriffe darstellbar sind. Exportierbar sind die Daten per RSS oder in weiteren Formaten.
Positiv ist, dass man bei Bedarf direkt aus dem Monitoringtool heraus auf Posts antworten kann. Ein zusätzlicher Webpagewatcher weist einen auf Veränderungen auf Webseiten hin. Das Tool erschien sehr leistungsfähig, aufgrund seiner Komplexität müssten Kunden jedoch sicher einige Zeit an Training und Schulung zum Umgang damit einrechnen.
5. Talkwalker – auf Facebooks Wegen wandeln
Zunächst fiel auf, dass die Nutzeroberfläche irgendwie Facebook-like aussieht, bis hin zum Schriftfont (nicht verifiziert). Das deutschsprachige Dashboard wirkte immerhin übersichtlich, handhabbar, und nicht überkomplex, passend zur Flyerwerbung des Unternehmens, dass initiale Trainings nicht notwendig seien. Die Horizontalnaviagtion führt folgende Menüpunkte: Resultate – Meinungsführer – Themen – Statistiken. Gemonitorte Keywords können eingegrenzt werden, indem man weitere Wörter über ein Suchfenster oben erfasst, die dann als zusätzlicher Filter dienen.
Ein nützliches Feature ist der zeitgesteuerte Versand von Reportings (PPT/DOC) per Mail. Zu einem vorgewählten Zeitpunkt erhält man automatisch seine Datenanalyse. Exportformate sind u.a. CSV/XlS sowie RSS.
Das Sentiment wird mittels roter, oranger und grüner kleiner Flaggen angezeigt. Man kann das System lernen lassen, indem man die einzelnen Postings (die auf lexikalischer Basis zugeordnet werden, d.h. Ironie wird nicht verstanden) händisch einem Sentiment zuweist. Offen blieb dabei, ob das nur für einzelne Begriffe gilt, oder auch für Phrasen (wie etwa „Sch… ist das geil“). Der Einfluss von Postings wird aus Reichweite, Engagement und einem dritten Wert von talkwalker selbst berechnet (Achtung Glaskugellesen!) und auf einer Skala von 0-1000 dargestellt.
6. blueReport – Wandlungsfähige Widgets
blueReport entstammt der klassischen Medienbeobachtung, in der es darum geht, Pressespiegel zusammenzustellen. Man kann sein Dashboard individuell einrichten und mehrere Widgets übersichtlich nach Bedarf aufbauen. Die Tonalität wird nicht automatisiert erstellt, sondern passend zum Kunden gestaltet. Das Menü ist nach verschiedenen Kategorien wie DACH Medien, Blogs / Foren / Kommentare sowie einzelnen Sozialen Netzwerken (Twitter, YouTube, Facebook etc.) unterteilt. Diese können aber wiederum summiert werden, indem man die einzelnen Kanäle zusammenzieht (sie hinterlegen sich dann farbig).
Die Keywortsuche zu „Movember“ ergab 180 Treffer. Insgesamt wurde die Nutzerführung innerhalb des Monitoringtools in der Darbietung nicht ganz plausibel.
@katjazwitschert: Wenn man sagt: „Klappt auch. Gott sei Dank.“, ist das ein indikator für die Leistungsfähigkeit des Tools, oder? #MonitoringBattle #moca12
7. na media sonar – Auf Peilung im Social Web
mediasonar stammt aus dem PR Bereich (na news aktuell ist ein dpa-Ableger). Das Dashbord erschien recht übersichtlich und gut bedienbar. Am Beispiel des Buzz (Zahl der Nennungen eines Begriffs) sah man oben die Verlaufslinie grafisch, darunter dann Details mit Aktionsbuttons. Rechts daneben flankiert von Relevanz, Datum, Tonalität, Quellentyp, Snippet und Quelle in einer Zusammenschau. Das sah plausibel und nutzbringend einsetzbar aus. Die einzelnen Exportfunktionen wurden ebenfalls übersichtlich nach Art (CSV, etc.) als Buttons angezeigt. Auch Screenshots sind exportierbar!
Der Aktionsbutton erleichtert den Workflow, indem einzelne Postings direkt mit einem Mitarbeiter geteilt werden, oder einem anderen zur weiteren Bearbeitung zugewiesen werden können. Auch direkte Dialogmöglichkeit aus dem Tool heraus ist gegeben. Kunden, die selbst in die Datenerfassung hineinschauen möchten, statt nur auf ein zusammengefasstes Reporting zu warten, erhalten Zugriff auf einen speziellen Ordner, in dem Daten für ihn abgelegt sind.
Die Tonalität wird automatisch zugewiesen, ist aber ebenfalls händisch nachbearbeitbar. Neutrales ist blau dargestellt, demzufolge gab es zu Movember viiieeel blau im Balkendiagramm zu sehen. In der Quellenrelevanz wird (mangofarben) angezeigt wer der Aktivste im Geschehen war. Optisch abfallend war die Kategorie Quellentyp – die Details wurden als Asphalttorte in steingrau ansichtig. Diese Geschmacksfrage steht aber zurück hinsichtlich der Übersichtlichkeit der Monitoring-Features im Dashboard.
8. BuzzRank – „aus der Not geboren“
@SinaGritzuhn: Nr 8 Buzzrank: ist durch Telekom-hilft entstanden. Kombination aus Kanal- und Keyword-Monitoring #Battle #moca12
BuzzRank hat sein Tool „aus der Not geboren“ – es war notwendig aber nicht vorhanden, so die Einführung. Es soll schnell und einfach nutzbar sein, und Trackword sowie Channels fix verfügbar machen. In der erfolgten Auswertung von Keywords sind kleine zu vernachlässigende Kanäle wegschaltbar, und die Anzeige dynamisch anpassbar. Kanäle werden bewusst getrennt um die je spezifischen Kontexte besser zeigen zu können. Die Twitteranzeige erfolgt direkt im System, nicht extern. Twitterposts werden nach Kloutscore sortiert. Rechts neben den Tweets befinden sich 4-5 Funktionsbuttons zur weiteren Verarbeitung. Die rechtsseitig platzierte türkisfarbene Wortwolke machte in seinem schmalen Schriftfont einen etwas mager-ausgehungerten Eindruck.
Ob es am schwierigen letzten Platz als Achter in dem Zweistunden-Battle lag, oder am Anbieter, bei dieser letzten Darbietung im Battle wurde es langsam unruhig und die Kloutscore-Klassifizierung rief Gelächter hervor. Aber inzwischen waren nach 120 Minuten auch viele bereits am Rande ihrer Aufnahmefähigkeit angelangt. Zeit, sich wieder dem Kuchen-Buffet oder heißen Getränken zuzuwenden, die von den 1a geschulten Servicekräften von Meyers-Partyservice umsichtig und höflich an den Platz gereicht wurden. Was zur räumlichen Umgebung des attraktor, dem etwas unaufgeräumt-staubigen IT-Makerspace in Hamburg einen reizvollen interessanten Kontrast darstellte.
Nachtrag:
Weitere Berichte speziell zum Monitoringbattle gibt es u.a. bei Forschungsweb von Anna-Maria Zahn.
Hinweisen möchte ich noch auf den Überblick zum gesamten Monitoringcamp von Tim Krischak. Er hat zusammen mit Christine Heller eine Session zu kostenfreien Social Media Monitoringtools angeboten. Diese Übersicht ist sehr nützlich, falls man mit Kleinstbudgets oder NoBudget auskommen muss.